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Ich habe sie alle gehabt. Manche ein paar Monate, manche zwei Jahre. Irgendwann war es dann immer das Gleiche: man hatte sich auseinandergelebt, es funktionierte alles nicht mehr richtig, hier und da setzten körperliche Gebrechen ein und mit einem Pflegefall wollte ich nicht meine Tage, speziell meine Morgende verbringen. Also: Trennung. Manchmal nicht so einfach und ein paar Minuten durchdacht, dann aber trotz allem rigoros und schnell, ab mit ihr in den Müllcontainer.

Irgendwie ist, ich muss es mir wohl eingestehen, meinen über die Jahre zahllosen Kaffeemaschinenliebschaften kein Glück beschert. Ganz egal ob billiges Flittchen aus dem Kaufhausregal oder teure Diva aus dem Fachhandel (einschliesslich 60-seitiger Gebrauchsanleitung),wir kamen nie miteinander aus. Irgendwas war immer. Entweder waren die Maschinen von meiner Art und Ansage enttäuscht – du sollst Arbeiten, Kaffee kochen, dich selber putzen und ansonsten möglichst nicht zu hören sein – oder aber sie fielen mir mit nachlassendem Geschmack und lodderigem Aussehen im Schlampenlook irgendwann so auf den Wecker, das eine Trennung unausweichlich wurde.

Die letzte ihrer Art – sie war mir in einem Kaufhaus nachgelaufen – fiel meinem Missfallen an einem späten Freitagnachmittag zum Opfer. Zugegeben, es war keine „schöne Trennung“, aber sie war mir schon einige Tage ein Dorn im Auge gewesen und selber Schuld. Seit sie sich bei mir eingenistet hatte, schien sie sich keinerlei Mühe mehr mit sich selber zu geben: wackeliger Griff, lauwarmes Gesöff, eingerissene Filtertüten. Dann wurde sie auch noch inkontinent, flutete Arbeitsplatte & Küchenboden als ich gerade einmal einen Moment draussen war. Einen Wutanfall und ein Klötern im Mülleimer später stand ich, verlassen und kurz vor dem Wochenende, ohne Kaffeemaschine da.

Nach kurzem Besinnen und bei langsam sinkendem Blutdruck kam ich dann verhältnismässig schnell auf Omas alten Kaffeefilter zurück. Von Haus aus so gestrickt, dass ich alten, mit Erinnerungen und Tradition behafteten Dingen anhänge und diese, wo immer möglich, ohne Rücksicht auf ihr schrabbeliges Aussehen bewahre, musste ich irgendwo den guten, alten Porzellanfilter einer meiner Grossmütter in meinem nicht gerade kleinen und zu jener Zeit auch nicht sehr übersichtlichen Küchenfundus haben. Gesucht und – natürlich – nicht gefunden, schenkte mein Vater mir – angesichts meiner offensichtlichen Not – einen solchen aus Kunststoff, der auch ersteinmal treu seine Dienste versah. Einige Tage später dann fand sich der Porzellanfilter und kam damit, wahrscheinlich nach Dekaden des untätigen herumliegens, zu ganz neuen Aufgaben und Ehren.

Seitdem brühe ich meinen Kaffee frisch mit kochendem Wasser aus dem Kessel oder dem Wasserkocher auf. Das Ergebnis ist unvergleichbar – heisser (!), duftender Kaffee in der Tasse, so, dass man sich den Mund verbrennt wenn man, wie ich am Morgen, allzugierig den ersten Schluck inhalieren will. Es hat etwas Kontemplatives an sich, am sehr frühen Morgen barfuss in einer recht kalten Küche vor dem fertig befüllten Kaffeefilter zu stehen und dem Kochen des Wassers zu harren. Ein wohlklingendes Rauschen im Kessel zeigt an, wenn es soweit ist. Dann der andächtige Moment des Auffüllens, das leichte Gurgeln und Blubbern im Filter und das Plätschern des ersten durchlaufenden, schwarzen Goldes. Ein unvergleichlicher Geruch macht sich in der Küche breit, das spärliche Licht erscheint gleich ein wenig heller, die frische Temperatur ebenso ein wenig wärmer, ungebremste Vorfreude macht sich breit. Ein magischer Moment, jeden Tag wider.

Und nicht nur das. Habe ich Besuch, muss ich natürlich zum Kaffeekochen ein wenig länger in der Küche stehen. Nicht selten folgt mit einer oder der Besucher nach um zu sehen, wo ich bleibe und was ich da wohl mache. Erstaunt ob meiner, in heutigen, technisierten Zeiten eher prähistorisch anmutenden Art der Kaffeemanufaktur, entspinnt sich über Wasserkocher und Kaffeepulver, bei sprudelndem Wasser und Wohlgeruch so manches, interessantes Gespräch über Raum & Zeit und die wirklich wichtigen Dinge des Lebens: Zen – oder die Kunst, einen Kaffee zu kochen. Hoooooommmm …

Ich würde nicht mehr zurück gehen. Über meine Schwelle kommt keine Kaffeemaschine mehr, weder Schlampe noch Diva, diese Zeiten haben wir auf dem Weg zu wahrer Kaffeerkenntnis weit hinter uns gelassen. Auch der geschenkte Kunststoffilter hat, das sei am Rande erwähnt, seinen Platz gefunden: er begleitet mich auf Reisen und sorgt auch dort mit Wasser frisch vom Feuer oder vom Brenner für denselben Genuss am Morgen.

Be you. Be one with your coffee!

Probiert es aus.