Schlagwörter

, , , , ,

Ein Dezembermorgen am Großen Strom. Es ist kalt, in der Nacht hat es gefrohren und die Wiesen auf dem Weg hierher waren weiß vom Reif. Ein leichter Dunst liegt über dem Fluß. Es ist Niedrigwasser, entsprechend sind kaum Schiffe zu sehen. Die Segler und die Motorquatzen haben sich zurückgezogen, sind mehr oder weniger fast alle im Winterlager verschwunden und warten dort, wohlversorgt und -gehütet, auf die neue Saison. Die Wenigen, die die Nerven haben und im Wasser bleiben, werden an diesem Sonntag von ihren Besitzern wohl nicht bewegt.

Die Sonne zaubert aus einem wolkenlosen Himmel ein seltsames Strahlen in den Dunst, ein überhelles Leuchten, das in den Augen schmerzt. Die Dinge, die auf der anderen Flusseite erkennbar sind, scheinen darüber zu Schweben. Ihnen fehlt die optische Bodenhaftung, was sich beim Betrachten seltsam ausmacht. Es ist unglaublich ruhig hier, an einem Ort,  an dem sonst eigentlich immer etwas los ist. Das Ausflugslokal, dieses gläserne „Gewächshaus“ mit künstlich, maritimen Flair, ist geschlossen. Ein schräghängendes, handgeschriebenes Pappschild spricht von „Winterpause“ und nennt den März als neuen Lebenstermin. No coffee today, also. Der Anleger ist verschlossen und reibt sich leer und leise quitschend im Ebbstrom an den Dalben, die ihn von großer Reise abhaltenhalten. Selbst die rauhbeinige Mövengang, die sonst mit ihrem ständigen, lautstarken  Geschrei herumrandaliert, ist zu Hause geblieben oder macht auch Ferien.

Es gibt Heute kaum Menschen, kaum Autos, kaum Geräusche an diesem Ort. Solche Stille habe ich hier sonst nur Nachts erlebt, wenn ich, warm verpackt und kaffeetrinkender Weise, die vorbeiziehenden Schiffe angesehen und in Ruhe nachgedacht habe.

Schön ist es. Und in mir wächst das Gefühl, dass dies vielleicht mein neuer Lieblingsplatz werden könnte …